iPad Lust – iPad Frust
Seit ein paar Monaten bin ich nun in der Apfel-Welt angekommen. Nach diversen Ärgernissen (insbesondere mit der Barrierefreiheit) bei meinen Android-Geräten, musste ich mir nun ein iPad zulegen.
Das Tolle am iPad: Es spricht mit mir :). Ich meine damit nicht Siri, denn die nette Assistentin soll es erst ab IOS 6 für das iPad geben. Ich meine VoiceOver, den Apple Screen-Reader. Durch einen dezenten Tripple-Tab auf den Home-Button meldet sich VoiceOver mit einem freundlichen “VoiceOver ein”. Nun ändert sich zwar das Interaktionsschema ein wenig, aber daran gewöhnt man sich. Zudem kann man durch ein erneutes dreimal drücken der Home-Taste VoiceOver jederzeit deaktivieren “VoiceOver aus”
Das Arbeiten am iPad geht deutlich flüssiger als mit allen Android-Geräten, die ich bisher testen konnte. Auch das Schreiben mit der externen Wireless-Tastatur ist genauso flüssig wie auf meinem Stand-PC. Bei den bisher getesteten Android-Geräten war der Lag beim Tippen oft sehr unangenehm. Ein produktives Arbeiten war fast unmöglich.
In vielen Berichten las ich skeptische Stimmen, ob der hochauflösende Display des neuen iPadd wirrklich nötig sei. Die hohe Auflösung sehe man ohnehin nicht wirklich. Allen KritikerInnen empfehle ich einmal ein paar Stunden mit dem neuen iPad zu Arbeiten. Sogar kleinste Schrift ist noch gestochen scharf. Und auch aus Accessibility-Sicht bring dies Vorteile. Das iPad bietet eine Zoom-Funktion, mit der Bereiche des Bildschirms vergrößert werden können (wie z.B. bei ZoomText oder der FulllScreen Lupe unter Windows 7). Und die von Natur aus bereits hohe Auflösung des Retina-Displays sorgt hier dafür, dass auch bei hohem Vergrößerungsfaktor kein Verwischen oder Verpixeln des Bildschirminhalts auftritt. Tolle Sache.
Aber die Apfelwelt bietet auch gravierende Nachteile, an die ich mich schwer gewöhnen mag. Zumindest was iPad, iPhone und iPod betrifft, hat Apple den Zugriff auf in IOS abgelegte Daten fest im Griff.
Ich verstehe zwar bis zu einem gewissen Grad die Hintergründe, warum Apple manche Dinge so macht, wie es getan wird, für mich als Enduser sind diese jedoch oft lästig und mit enormen Zusatzaufwand verbunden.
1. Jede App darf nur auf seine eigenen Daten zugreifen: Eigentlich eine feine Geschichte aus Sicherheitsüberlegungen heraus. Jede Applikation ist abgekapselt und behindert sich gegenseitig nicht. Im Falle eines Sicherheitsrisikos braucht nur die eine App entfernt werden, basta. Für Benutzerinnen und Benutzer bringt dies jedoch eine Änderung der gewohnten Nutzungsschemata mit sich. Will ich z.B. ein Video in einem Format abspielen, dass von der mitgelieferten Video-App nicht unterstützt wird, so gibt es nette Apps dafür im AppStore. Habe ich nun ein Video bereits einmal auf das iPad kopiert, kann ich darauf leider aus einer neuen App nicht zugreifen, ich muss das Video über iTunes in den Datenbereich der neuen App aufspielen, oder das Video am IPad direkt mit der Sharing Funktion in die andere App kopieren. Warum unterstütz die Mitgelieferte Video-App nicht einfach mehr Formate? Das hat verschidene Gründe: Lizenzrechtliche, Markenpolitische, aber auch Performance-Überlegungen spielen hier eine Rolle. Apple geht immer den minimalistischen Weg und unterstützt nur das, wovon sie auch sicher sind, dass es auf dem jeweiligen Gerät läuft. Man will einfach nicht, dass User in den “Genuss” von ruckeligen Videos kommen. Aus dem gleichen Grund gab es auch lange Zeit kein Multtitasting auf IOS Geräten, weil die Hardware noch nicht so weit war unter allen Bedingungen ruckelfreies Arbeiten zu ermöglichen. Soweit zumindest die offiziellen Meldungen. Diese sind aber aus meiner Sicht nachvollziehbbar. Aber zurück zur In-App Datenkapselung. Auch wenn ich die Sicherheitsüberlegungen bis zu einem gewisseen Grad nachvollziehen kann, so will ich dieses umständlich Gehandhabe einfach nicht. Ich will einmal Daten auf das Gerät kopieren, und dann von jeder App darauf zugreifen können.
2. Anbindung externer Geräte: Ich verstehe, dass man aufgrund des exdrem dünnen Formfaktors darauf verzichtet hat, USB-Schnittstellen in das Gerät einzubauen (MicroUSB wäre aber schon drinnen gewesen). Nun habe ich mir das Camera Connecttion Kit zugelegt, das mit zwei Adaptern für den Docking-Port daherkommt. Einer für SD Karten, und einer für eeinen echten USB Anschluss. In Sachen SD habe ich bereits im Vorfeld gewusst, dass man damit nur die in der DCIM Struktur einer regulären Foto-Kamera abgelegten Daten lesen können wird. Nix da also mit erweiterter Speicher-Möglichkeit. Was USB betrifft, hatte ich bereits diverse Bereichte gelesen, wonach es möglich sein sollte,, neben Kameras auch Tastaturen, USB Headsets etc. anzuschließen, hatte mich schon darauf gefreit. Bis jetzt hat aber noch keines meiner Geeräte, bis auf die USB Tastatur, mit dem Port funktioniert. Bei meinem USB Stick meint IOS, dass das Gerät zu viel Strom brauche – aha. Bei meinner Logitech USB-Maus und meinem Logitech Presenter, die so ziemlich bei allen anderen Geräten funktionieren, und nur Standard-Protokolle verwenden, schreibt mir iOS, dass das angeschlossene Device nicht unterstützt wird. Solche Dinge sind schon sehr nervig, da ich das iPad gerne für meine Arbeit im Hörsaal etc. verwenden würde, und dafür auf solche Standardkompenenten angewiesen bin. Ich will mir nicht für alles ein Bluetooth Gerät anschaffen müssen. Auch hier verstehee ich bis zu einem gewissen Maß den Sicherheitsaspekt, aber dann sind wir schon fertig. Jahrelang haben wir über Microsoft geschimpft, dass diese nur Microsoft Produkte unterstützen. Apple ist hier noch einen Schritt weiter gegangen. Gerade dieses Vorgehen war eigentlich der Grund, warum ich mich so lange gegen ein Apple Gerät entschieden habe.
3. Accounts 50 mal angeben: Services wie DropBox erleichtern das Leben eines iPad-Users ungemein. Der lästige Umweg über die iCloud oder iTunes entfällt in immer mehr Apps. Durch die Abgrenzung der App-Eigenen Daten muss ich mein DropBox Login jedoch in jeder App neu eingeben. Unter Android melde ich mich einmal über die DropBox App an, und alle anderen Anwendungen rufen nur noch die DropBox API bei Bedarf auf. Ein weiterer Vorteil: Wenn Dropbox etwas am User-Interface ändert, ist diese Änderung sofort in allen Apps sichtbar. Diese Vorgangsweise ist equivalent bei allen anderenn Cloud-Services, File Explorern oder Export-Funktionen. Einmal Delicious installiert, und von allen Browsern können URLs auf Delicious pubiliziert werden. Aber warum verwende ich nicht einfach die iCloud, um all meine Daten zu speichern? Naja, weil ich auch Windows, Linux und Android Geräte verwende, und keine Lust habe, jede Datei händisch per Web-Interface in die Cloud zu laden. Für Dropbox gibt es Clients für alle Plattformen, die Daten für mich automatisch mmit dem Server abgleichen.
Nehme ich im Direkten Vergleich mein Android Thinkpad Tablet her, so kann ich dort über USB, SD, WLAN oder was auch immmer beliebige Daten auf mein Gerät kopieren, und aus jeder Anwendung heraus verwenden. Möchte ich anders herum Daten publizieren, so kann ich dies ebenfalls aus jeder Anwendung heraus. Ich kann beliebige Geräte (Maus, Tastatur, USB-Stick etc.) an das Android Gerät anschliessen und solange es einen Treiber dafür gibt auch verwenden. Durch Tegra3 und Quuad-Core Prozessoren werden Android-Geräte immer geschmeidiger und sind fast genauso flüssig zu bedienen. Warum bleibe ich dann eigentlich nicht bei Android? Für mich einfach zu Beantworgen: Solange Android Accessibility-Features nicht im gleichen Maß wie vergleichbare Apple Produkte bietet, muss ich mich von Apple knechten lassen. Apple schaft es zudem immer, der Konkurenz in einzelnen Aspekten (Zur Zeit der Display) einen Schritt voraus zu sein. Und auch die Bediennung scheint in einigen Belangen einfach intuitiver. Warum werden unter Android derzeit Multitouch-Gesten quasi nocch gar nicht eingesetzt? Ein Wisch mit vier Fingern, und man kommt zur letzten App, alle finger zusammenführen und man kommt zum Home-Screen. Logisch, intuitiv und einfach.
Fazit: Auch wenn man in gewissen Bereichen durch Apple-Restriktionen eingeschränkt ist, so möchte ich derzeit mein iPad nur schwer gegen etwas anderes tauschen. Es ist mein ständiger Begleiter, und fast universell einsetzbar. Wären die angebotenen Office-Anwendungen etwas kompatibler zu denen von Microsoft, könnte ich großteils auf meinen Laptop verzichten.